Roth leben und erleben…

Wettkampfbericht Roth 17.07.2016

durch Anja

Nach fast einem Jahr Training war es am 17.07.2016 um 6:50 Uhr endlich soweit –vor mir lag die unfassbare Strecke von 3,8 km Schwimmen – 180 km Rad – 42,2 km Laufen. Macht immerhin insgesamt 226 km. Ich freu mich darauf.

Schwimmen

Die Wetterbedingungen hätten am Morgen besser nicht sein können – ein leicht bedeckter Himmel mit der Aussicht auf Sonne am Nachmittag. Prima. Schnell nochmal das Rad kontrolliert: Luftdruck passt, Helm, Brille alles da, den Wechselbeutel in der Wechselzone abgelegt und den Weg vom Schwimmausstieg rückwärts zum Rad abgelaufen – bloß nicht nach dem Schwimmen zwischen den Rädern umherirren und das Rad nicht finden. Noch schnell zwei Bananen verputzt – wer weiss wozu das gut ist- und dann ab zum Schwimmstart. Unglaublich gleich werde ich in den Kanal springen und 3,8 km schwimmen. Aber seltsam ich bin gar nicht nervös. Sonst war das Dixi vor jedem Start mehrfach mein bevorzugter Aufenthaltsort.

Startschuss!

Jetzt werde ich genug Zeit haben, mein lang im Karlsfelder See eingeübtes Mantra – „Bleib lang und gleichmäßig ohmmmm – finde Deinen Rhythmus ohmmm“ auf Funktionsfähigkeit in der Praxis zu testen. Sagen wir es mal so: Anderen hätte das Mantra  „Schwimm geradeaus“ nicht schlecht getan, dann hätte das gleichmäßige, rhythmische Schwimmen bei mir bestimmt besser funktioniert.

 

Von früheren Besuchen in Roth wusste ich, dass man im Kanal ca. 1,5 km bis zu einer Brücke zum ersten Wendepunkt schwimmt. Moment mal Brücke? Die war doch grad … Uups. Bisserl peinlich. Kurz gelacht, umgedreht und zurückgeschwommen und weiter …

Die vom Sprecher am Schwimmstart bekanntgegebene Wassertemperatur von 19 Grad habe ich nicht mit der nötigen Aufmerksamkeit gewürdigt. Bei km 2,5 hatte ich gefühlt eine mehrere Zentimeter dicke Gänsehaut im Neopren. Hätte ich doch nur etwas mehr „Biopren“. Nun war ich dankbar und wusste um die Bedeutung der zwei Bananen vor dem Schwimmstart. Und hätte gerne noch zwei und einen Tee: Warum gibt’s im Wasser eigentlich keine Verpflegungsstationen? Dann hilft nur – Gas geben, das mir wieder wärmer wird. Das fanden alsbald die Wadeln nicht so toll und verweigerten durch unrhythmisches Zucken bockig die Zusammenarbeit. Und schon wieder schwimmt mir jemand in die Füsse. Oh echt ey….Ich glaub ich brauch eine Pause. Halt, was steht da am Ufer? 3200 m? Schon? Also gut noch 600 Meter. Lang und gleichmäßig ohmmm … lang ohmmm … hust, röchel ….Warum fühle mich wie im Fischteich bei der Fütterung? Und wieso hat der Typ neben mir eigentlich eine grüne Badekappe auf? Na prima, wir werden von der nächsten Startgruppe buchstäblich überschwommen. Na hoffentlich bin ich hier bald mal fertig … bibber.

Geschafft …. Durchatmen. Neopren aufmachen, Badekappen absetzen und den Wechselbeutel suchen. Da liegen aber noch viele Beutel. Konnte also gar nicht so übel gewesen sein, die Wasserperformance: Chakka!

Radfahren

Im Wechselzelt springe ich mit der mir vor lauter Bibbern noch möglichen Schnelligkeit in die Radlhose, ziehe mir Socken über die nassen Füße und dann rein in die Radschuhe. Während dessen fällt mir ein Sportler auf, der bestimmt schon weit über 60 Jahre alt war und in aller Seelenruhe seine nassen Sachen komplett gegen Trockene eintauscht und sich sogar zwischen den Zehen abtrocknet. Meine Herren! Respekt! Der hat die Ruhe weg.

Ich laufe! aus dem Wechselzelt und was sehe ich – ein Büffett!!! Und … da liegen sie ja – meine zwei schwer vermissten Bananen. Soviel Zeit muss sein. Ohne Mampf – kein Kampf.

Gut das ich den Weg zu meinem Rad vorher in der früh geübt habe. Ich entdecke Claus und Raymond am Radstart. Die zwei werde ich erst am Solarer Berg nach ca. 70 km wiedersehen.

Ich freu mich auf 180 km unter anderem durchs schöne Altmühltal und natürlich auf den Solarer Berg. Die Strecke ist wirklich sehr schön und abwechslungsreich. Ein Rundkurs von 90 km der 2x durchfahren werden muss. Der Rückenwind zu Anfang hat sehr geholfen, einen guten Radlrhythmus zu finden. Blöd nur, das man nach 50-60 km jeden Gedanken schon einmal gedacht hat und so rasend viel Spannendes nicht passiert. Nachdem viele Martins, Matthiasse und Thomasse überholt haben, pendelte sich das Radlerfeld um mich mit Gayle aus America, Jorge aus Mexico und Uwe aus ? ein. Wir haben einen Großteil der Strecke miteinander verbracht. Natürlich peinlich bedacht darauf, sich nicht durch Windschattenfahren, neudeutsch „Drafting“, zu bevorteilen. Nun Ja.

Und da kommt er der „Solarer Berg“. Gänsehaut pur. Tausende Leute peitschen Dich mit Lärm und Musik den Berg rauf (wobei Berg echt geprahlt ist, es ist ein Hügelchen logistisch optimal für ein solches Event gelegen). Egal – schön isses. Da sind auch Raymond und Claus. Super. Das tut gut, bekannte Gesichter zu sehen und ihnen meine schwarzen Pfoten zu präsentieren, die von einer kleinen, recht unspektakulären Radpanne (Kette ist abgesprungen) stammen. Das Gelächter war eindeutig auf ihrer Seite. Schwarze Finger…. mimimimi … weisses Lenkerband wird schmutzig … jaja.

So jetzt noch eine Runde …

Gayle ist auch immer noch da … nur wo ist Jorge? Langsam merke ich die Strecke in den Muskelpartien oberhalb und rund um die Hüfte. Naja weit ist es ja nun nicht mehr. Und tatsächlich: ich darf nach rechts Richtung Roth abbiegen. Jetzt war es nicht mehr so weit. Oder doch? Nur noch eine Kurve. Komisch mit dem Auto ging das doch schneller …

Da ist die Wechselzone…Nach meiner Zeitmessung müsste ich die 180 km noch knapp unter 6 Stunden geschafft haben … Chakka!

Laufen

Ein freundlicher Helfer nimmt mich noch auf dem Rad in Empfang und hält es fest, während ich versuche mein Bein über das Rad zu schwingen, um abzusteigen. Besonders leichtfüßig und elfenartig dürfte das nicht mehr ausgesehen haben. Vor allem der breitbeinige Gang in das Wechselzelt weckt Assoziationen … Kurz gelacht und rein ins Zelt zum „Umbau“ aufs Laufen.

Das Wetter ist mittlerweile wie angekündigt bei Sonnenschein angekommen. Na super. Mir ist ja noch nicht warm genug. Egal, jetzt kommt die Lieblingsdisziplin.

Die Strecke führt durch Roth runter zum Kanal (der gleiche, in dem vorher geschwommen wurde, nur ganz woanders) und dort geht’s auf mental fordernde ewige Kanalkilometer immer geradeaus. Gut, dass es sehr viele Versorgungsstationen mit vielen Schwämmen und Wasser gibt und Raymond, der es schafft, an den unmöglichsten Standorten an der Laufstrecke aufzutauchen, um mir die Energie in Form von Gels zuzuwerfen. Auch gut, dass es in Roth erlaubt ist, Musik auf der Laufstrecke mitzunehmen. Mich lenkt das gut von den Schmerzen ab und ich kann mich besser auf das Laufen konzentrieren. Außerdem bringt jeder gelaufene Schritt mich dem Ziel ein Stück näher. Nun ja. Bei ca. 42000 zu machenden Schritten ein wirklich beruhigender Gedanke.

Nichtsdestotrotz kommt unweigerlich man unweigerlich an den Punkt, dass man schon ganz schön einen an der Klatsche haben muss, wenn man seine Sonntage so verbringt. Außerdem wollte mir ein Liedtext nicht mehr aus dem Kopf gehen, so wie bei einer ollen Schallplatte, die einen Kratzer hat: „Brennend heißer Wüstensand … so schön, so schön war die Zeit…“. Entweder ich war kurz vor dem Durchdrehen oder total dehydriert oder beides.

Bei Km 35 joggt plötzlich jemand neben mir. Das gibt’s doch nicht: mein Hausarzt! Das muss ein Wink des Schicksals sein. Der hat bestimmt was für die Schmerzen und den Ohrwurm. Nein, hat er nicht. Gelacht hat er, und gesagt, die letzten 7 Km soll ich genießen. Witzbold, der hat ja schließlich „nur“ schwimmen müssen und wartet nun auf den Laufkollegen zu gemeinsamen Zieleinlauf mit der Staffel.

Tatsächlich waren die letzten Km aber trotzdem die schönsten des ganzen Rennens, die bleiben einfach im Gedächtnis und ich werde nie den Augenblick des Zieleinlaufs vergessen. Nach 3,8 km Schwimmen – 180 km Radfahren und 42 km Laufen das vorläufige Ende eines harten, aber überwiegend schönen Trainingsjahres. Das durften auch ein paar Tränchen vor Rührung und Erleichterung fließen. Mir wird die Erfahrung bleiben, dass ich das schaffen konnte. Das und zukünftig noch ganz viel mehr. Und das wird nicht die letzte Langdistanz gewesen sein, da bin ich mir sicher.

Das Ergebnis in ödes schnödes Zahlenwerk gepresst: Schwimmen 01:14:28, Radfahren 05:58:05, Laufen 04:00:15 – insgesamt 11:22.

Ich kann das Rennen in Roth wirklich nur empfehlen. Es ist super gut organisiert und besonders zu erwähnen sind, finde ich, die vielen tausend freundlichen Helfer, die dem Ganzen ein sehr herzliches und sympathisches Gesicht geben.

Bedanken möchte ich mich bei Claus und Raymond für einen superguten Support, der mir über die ganze Zeit des Rennens sehr viel Sicherheit gegeben hat und für ein sehr schönes Rennwochenende. Und bei Tom und Petra möchte ich mich für das kräftige Anfeuern am Kanal und die schönen Fotos bedanken.